Liebe Gemeinde,
Unser Erntedankfest ist ein Freudenfest. Und Freude entsteht aus der Erkenntnis der Abhängigkeit, dass man reichlich beschenkt worden ist. Reichlich beschenkt – von wem? Von DEM, der uns geschaffen, erlöst und geheiligt hat, unser Herr und Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist. IHM stehen wir gegenüber.
Seht, wer am Ende des Monats ein Gehalt bekommt, singt nicht unbedingt gleich ein Loblied, denn für das Gehalt habe ich doch gearbeitet. In der Wirtschaft geht es um den Tausch-Handel: Ich biete meine Arbeitskraft an, mein Wissen und meine Fähigkeiten – und dafür gibt mir der Arbeitsgeber einen Lohn. Mein Monatsgehalt ist mein Recht; ich habe es verdient. Und dann ist man zufrieden aber nicht unbedingt gleich freudig. Es ist ein Arbeitsverhältnis.
Aber Gott gegenüber stehen wir in einem Liebesverhältnis. ER schenkt uns gute Gaben einfach, weil ER uns lieb hat. Was hast du verdient, dass du die Luft einatmen kannst? Antwort: gar nichts. Die Luft ist mir gegeben worden; und jeder Atemzug erinnert mich an das geschenkte Leben. Was habe ich getan, dass ich denken, fühlen und mich bewegen kann? Gar nichts! Es ist mir geschenkt worden. Was habe ich getan, dass ich Familie, Freunde und Gemeinschaft habe? Sie sind einfach da. Und dafür singen wir: Halleluja!
Selbstverständlich wollen wir dann auch das äußerliche, biologische Leben erhalten: wir wollen atmen, arbeiten und gute Verhältnisse bewahren. Und das hat mit dem Ebenbild Gottes zu tun.
Am Anfang schuf Gott den Menschen als Mann und Frau (oder wie in der synodalen Ordnung nun betont werden soll: EINE Frau und EIN Mann ) – zu seinem Ebenbild. „Ebenbild“ heißt: wie Gott und doch nicht Gott. Wir sind ähnlich wie Gott, tun göttliche Dinge und bleiben doch ganz abhängig im Gegenüber zu Gott.
Da hat Gott dem Menschen eine bestimmte Ähnlichkeit in dem menschlichen Wesen angelegt. Gott spricht – und so hat der Mensch auch Sprache; er ist ansprechbar. Der Mensch lebt in Gemeinschaft: so wie Gott-Mensch, so nun auch Mann-Frau.
Aber zu dem Gottesverhältnis als Gegenüber kommt nun noch ein dritter Aspekt dazu: um DAS zu tun, was Gott tut.
Da hat Gott Menschen nicht nur geschaffen, sondern gibt nun die Anweisung: seid auch ihr fruchtbar und mehret euch. Da hat Gott Tiere geschaffen und Kraut wachsen lassen – und gibt nun Menschen die Anweisungen: bebaut ihr Menschen nun den Acker und herrscht über die Erde und über alle Tiere. So ist unsere Arbeit auch ein Teil der Gottesebenbildlichkeit. Und so erlebt der Mensch auch Freude, indem er tut, wozu er geschaffen ist.
Umgekehrt: Wenn der Mensch nichts tut, arbeitslos ist, dann erfährt der Mensch Sinnlosigkeit, eine Leere, und verliert etwas von seinem Menschsein.
Die Sünde wird dadurch deutlich, wenn Menschen sich von Gott loslösen. Ist das Gottesverhältnis gestört, dann werden auch Menschenverhältnisse gestört: die Gemeinschaft untereinander gerät durcheinander. Und auch die Arbeit, wenn sie von Gott losgelöst wird, wird verzerrt. Da fängt der Mensch an, die Erde total auszubeuten – ohne Verantwortung gegenüber den Schöpfer. Die Arbeit wird zum Selbstzweck; man will total beherrschen. Kurzweg, man will die Stelle Gottes einnehmen. Und das ist Sünde, wenn die Ordnung, wie Gott sich das gedacht hat, durcheinander gebraucht wird.
Und so lässt Gott das wohl so manches Mal zu, dass unsere Arbeit nichts bringt, dass Dürre oder Fluten oder Feuer alles auswischt, was wir erarbeitet haben. Dann in Zeiten der Not erkennt man besser, wie abhängig wir von Gottes Schöpfermacht sind. (Bitte nicht missverstehen: nicht jede Trockenheit und Katastrophe ist Gott in die Schuhe zu schieben, aber Gott braucht manchmal die Natur, um uns zur Einsicht zu bringen.)
Unser Text aus Jesaja 58 ermutigt uns, Gott besser kennen zu lernen. ER ist es, von dem wir total abhängig sind. Er schenkt das Versprechen von guten, reichen Segen: dein Licht wird in der Finsternis aufgehen, und dein Dunkel wird sein wie der Mittag. 11Und der Herr wird dich immerdar führen und dich sättigen in der Dürre und dein Gebein stärken. Und du wirst sein wie ein bewässerter Garten und wie eine Wasserquelle, der es nie an Wasser fehlt. 12Und es soll durch dich wieder aufgebaut werden, was lange wüst gelegen hat, und du wirst wieder aufrichten, was vorzeiten gegründet ward.
Erfrischende, anmutsvolle, gehobene Bildersprache. Das ist, was dabei herauskommt, wenn das Gottesverhältnis in rechter Ordnung ist. Das soll in uns die Lust wecken, das erste Gebot mit Freuden nachzustreben: Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.
Halten wir jedoch die damalige Situation in Gedanken. Das Volk Israel war gerade aus der Gefangenschaft aus Babylon zurück gekehrt. Nach etwa 70 Jahren Exil standen vor den Trümmern; feindliche Völker ringsum bedrohten ihre Existenz. Sie fingen mühsam an, die Ackerfelder wieder zu bepflanzen, aber zur Zeit der Ernte kamen Feinde und klauten alles oder brannten die Felder ab. Und in Zeiten der Not – da ist jeder sich selbst der Nächste, nicht wahr? Da denkt jeder nur an sich. Und man fängt an, unehrliche Dinge zu tun.
Und Gott? Ja, da habe ich doch keine Zeit an Gott zu denken; ich muss jetzt überleben. Doch, einige vom Volk Israel haben an Gott gedacht. Aber an Gott, nur als Einer, der mir vielleicht jetzt helfen kann. Da sind einige, die haben tatsächlich gefastet und gebetet. Aber mit dem Hintergedanken, jetzt könnte ich noch einen guten „Deal“ rauskriegen. Sie haben Gott gesehen, der mir den Lottopreis geben könnte. Jedoch in ihrem Alltag, wie gesagt, ist jeder sich selbst der Nächste – da muss man rausschlagen, was es rauszuholen gibt.
Diese Missstände spricht Jesaja hart an. Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Nächsten!
Mit anderen Worten: sie haben nicht ihr Brot geteilt. Wenn jemand von den eigenen Volksgenossen auf der Straße schlafen muss, haben sie ihre Augen zugekniffen. Wenn jemand nichts hatte, haben sie an ihre eigene Jacke noch fester verschlossen. Und die Liste wird noch fortgesetzt. Sie haben ihr Herz verhärtet – aber sie fasten und beten!
Wie soll Gott reagieren? Die Liebe Gottes kann in solchen verhärteten Herzen nicht eindringen. Und so ist der Aufruf: Was Gott dir tun soll, das tu auch an deinen Nächsten! Wie willst du, und nur du allein, Gottes verwöhntest Kind sein, und du verschließt dein Herz gegenüber denjenigen, die dich brauchen? Wie kann Gottes Liebe sich da entfalten?
Wer nur für den eigenen Wohlstand arbeitet, wird immer arm aussehen, aber wer beginnt, mit anderen zu teilen, wird immer reicher.
Nun könnte jemand sagen: Aber das ist die Pflicht des Staates, um die Armen zu versorgen. Warum müssen wir eine „mobile clinic“ finanzieren, während der Staat die Gelder verschwendet? Warum sollen wir ein Mais-Projekt unterstützen, während bestimmte Beamten sich trommeldick fressen? Warum die Schulen ausbauen, wo doch andere dafür verantwortlich sind? So haben wir manche Entschuldigungen, nicht zu helfen. Seht, den meisten unter uns geht es relativ gut; wir haben leicht Reden.
Aber wenn du selbst in der Not bist? Wenn ich selbst mal alles verloren habe, da zwischen den „Hobos“ an der Straße sitze, wenn mir selbst der Magen vor Hunger knurrt, und ich schaue auf: woher kommt mir Hilfe? Dann sieht die Welt ganz anders aus. Jemand in der Not wird nicht denken: „Ok, ich verstehe, die Regierung ist dran schuld, deswegen werde ich man weiter mein Leiden aushalten.“ Nein, auch der Hungrige soll zu Gott rufen. Und Gott sendet Hilfe – aber von wem?
Da ruft uns Jesaja auf: niemand ist zu arm, als dass er nicht doch ein stücken Brot mit dem anderen teilen könnte. Alle haben ein bisschen. Jeder kann dem anderen helfen mit viel oder wenig, was Gott dir anvertraut hat. Und diejenigen, die in der Position sind, setzt euch ein für Recht und Gerechtigkeit, soweit es euch möglich ist. Wir alle sind abhängig; wir brauchen einander, um Gottes Hilfe zu empfangen und zu geben.
Wir tun Gottes Werk, wenn wir die sozialen Projekte unterstützen. Wir tun Gottes Werk, wo wir die Straße in Ordnung bringen. Wir tun Gottes Werk, wenn wir Unterricht und medizinische Versorgung ermöglichen. Wir tun Gottes Werk, wenn wir den Unterdrückten beistehen und ehrlichen Herzens für gute Verhältnisse im Land einsetzen.
8Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Heilung wird schnell voranschreiten, und deine Gerechtigkeit wird vor dir hergehen, und die Herrlichkeit des Herrn wird deinen Zug beschließen. 9Dann wirst du rufen und der Herr wird dir antworten. Wenn du schreist, wird er sagen: Siehe, hier bin ich.
Erntedankfest will unseren Blick ausrichten auf den Geber aller guten Gaben. Von IHM sind wir alle abhängig. Aber wenn wir empfangen haben, so soll seine barmherzige Zuwendung sich auch in unserer Haltung widerspiegeln. Gibt Gott gerne, so lasst uns auch gerne geben.
Wie hat Jesus es in dem Gleichnis von den anvertrauten Talenten erklärt? Der eine hat 1, der andere 3 und noch einer 5 Talente empfangen. Der mit einem Talent hat nichts damit getan, es für sich behalten. Die mit 3 und 5 Talenten haben damit gewuchert – und ihnen wurden noch weitere 3 und 5 Talente gegeben. Nein, nicht als Tauschhandel, nicht als Belohnung worauf sie ein Recht hätten, sondern aus Gnaden, als Verheißung Gottes.
Wir „wuchern“ mit unseren Talenten, weil Gott uns dazu befähigt hat. Wir hätten weder 1, noch 3 oder 5 Talente, wenn Gott sie uns nicht gegeben hätte. Aber nun mach was damit. Dienet dem Herrn mit Freuden, indem wir einander dienen, ein jeder mit der Gabe, die er/sie empfangen hat.
Lasst uns Gott von Herzen danken für seine Gnade, für alle irdischen Gaben, für allen himmlischen Segen, für sein Leben. Halleluja! Amen.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre und halte unsere Herzen und Gedanken in Christus Jesus, unseren Herrn. Amen.
08. Sonntag nach Trinitatis (Früchte des Geistes)
Wochenspruch
Lebt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.
Epheser 5, 8b – 9
Introitus – Nr. 49 (Psalm 43, 3; Psalm 48, 2)
Epistel
Lebt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit. Prüft, was dem Herrn wohlgefällig ist, und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis; deckt sie vielmehr auf. Denn was von ihnen heimlich getan wird, davon auch nur zu reden ist schändlich. Das alles aber wird offenbar, wenn’s vom Licht aufgedeckt wird; denn alles, was offenbar wird, das ist Licht. Darum heißt es: Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten.
Epheser 5, 8b – 14
Hauptlied
O gläubig Herz, gebenedei 384
Evangelium
Jesus sprach zu seinen Jüngern: Ihr seid das Salz der Erde. Wenn nun das Salz nicht mehr salzt, womit soll man salzen? Es ist zu nichts mehr nütze, als dass man es wegschüttet und lässt es von den Leuten zertreten. Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause sind. So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.
Matthäus 5, 13 – 16