Anna Weinert, eine Missionarsfrau unter den Indern.
So war das damals mit den Bräuten…..
Dem jungen Missionar Johannes Weinert wurde von der Leipziger Mission am 9. Oktober 1934 mitgeteilt:
“Wir haben aus Ihren Unterlagen und aus dem persönlichen Bericht den Eindruck gewonnen, dass sich Fräulein Härtel (Frau Anna Weinert) wohl zu einer Missionsfrau eignet! So hat das Missionskollegium Ihre Verlobung genehmigt!” Die junge Braut hat im Missionshaus in ihrer Wartezeit einen Brautkursus absolviert und Englisch gelernt, während der Verlobte schon im Februar 1936 nach Indien ausreiste.
Sie reiste im Februar 1938 nach. Es war eine weite Reise, die sie allein zurϋcklegen musste. Und nicht nur das, sie lieβ in Deutschland alles zurϋck und ging in ein fremdes Land und in eine ungewisse Zukunft. So kam sie mit dem Schiff im Hafen an, wo ihr Verlobter auf sie wartete und sie abholte. Ihr Brautkleid trug sie im Handgepäck. So konnte auf der nächsten Missionsstation gleich geheiratet werden, denn es wäre nicht denkbar gewesen, dass ein unverheiratetes Paar in das Land auf die Missionsstation alleine tagelang reiste. Danach begann die weite Fahrt ins Innere des Landes. Viel Fremdes und Ungewohntes erwartete Frau Anna Weinert dort auf der Missionsstation. Vor allem musste die fremde Sprache (Tamulisches) erlernt werden. Als sie 1939 das erste Mal mit ihrem Mann in einen Erholungsurlaub in die sϋdlichen Berge fahren durfte, erklärte am 3. September England den Krieg. Damit wurden erstmals die Männer abgeholt und in ein Internierungslager gesteckt. Um die Frauen kϋmmerten sich befreundete Inder. Als der Krieg Anfang 1940 so ruhig verlief, wurden die meisten Missionare aus dem Internierungslager wieder entlassen. Sie konnten wieder beschränkt an ihre Arbeit gehen. Frau Anna Weinert lernte in dieser Zeit mit ihrem Lehrer weiter ihre tamulische Sprache.
Als der Krieg weiterging, wurden sie wiederum interniert, aber diesmal zusammen mit Frau und Kindern. Nach etlichen Lagern kamen sie dann schlieβlich in ein Familienlager, wo sie bis Ende 1946 ihr Leben verbrachten mit weiteren Missionsfamilien aus den Missionshäusern von Basel, Berlin (Goβner und Brecklum)
Inzwischen hatte Frau Anna Weinert 5 Kinder geboren, eines starb bald nach der Geburt. Im kalten Winter 1947 kam sie mit ihrem Mann und ihren Kindern zurϋck nach Deutschland. Sie fanden zunächst Unterkunft in einem Haus der Rheinischen Mission in Kaiserswerth. Noch im gleichen Jahr siedelte die ganze Familie nach Fϋrstenwalde ϋber, wo Herr Missionar Weinert ein Pfarramt ϋbernahm. Frau Weinert grϋndete in dieser Gemeinde einen Frauenkreis und arbeitete tatkräftig mit. Am liebsten hätten sie aber ihre Missionsarbeit weiter getan. Die Leipziger Mission konnte das Ehepaar Weinert nicht mehr gebrauchen. So kam ein Ruf aus einer anderen Mission. Diese Mission ist die unsrige. (Bleckmar.) Als Herr Missionar Weinert gelegentlich bei einem Pastor, Herrn Kirchenrat Schulz, weilte, kam die Frage an ihn, ob sie nicht wieder gerne in die Mission gehen wϋrden. Herr Missionar Weinert fragte: “In welche denn?” Er bekam die Antwort, dass in Bleckmar eine Mission der evangelisch-lutherischen Kirche sei, zu der sie doch gehen könnten. Herr Missionar Weinert meinte: “Da muss ich doch erst einmal meine Frau fragen!”
Aus dieser Frage ihres Mannes wurde kein Nein, sondern ein Ja. Und so sah das dann später aus: Am 6.November 1953 kam die 6-Köpfige Familie in Kapstadt in Sϋdafrika an. Danach ging es weiter nach Durban, dann weiter nach Kirchdorf, Uelzen und schlieβlich auf die Missionsstation Eben-Ezer.
Auf dieser Missionsstation hat die ehemalige Bauerntochter, Frau Anna Weinert, sich recht wohl gefϋhlt. Umgeben von Äckern und Wiesen bekamen sie von den Gemeindegliedern Kälber, Ferkel und viele Hϋhner geschenkt. Somit war die Familie erst einmal versorgt und Frau Anna Weinert war immer unermϋdlich tätig. Sie hatten Milch genug, Butter, Quark und Eier und als ein Schwein groβ genug war, wurde es geschlachtet und gegessen. Es gab ja noch keinen Kϋhlschrank. So hat Frau Weinert auch sehr viel von dem Geschlachteten eingeweckt. Ihr Mann meinte: “Wenn ich, um Zulu zu lernen, auf die Missionsstation gehen muβ oder zu Missionsfesten reise, kann ich meine Frau in Ruhe zu Hause lassen. Sie hat keine Angst vor den Schwarzen. Das ist in Sϋd-afrika keine Selbstverständlichkeit.”
Unermϋdlich begleitete Frau Weinert ihren Mann zu den Gottesdiensten unter den Indern. Sie stand auch den indischen Frauen in Sϋdafrika mit Rat und Tat zur Seite. So kamen diese nach den Gottesdiensten mit Fragen zu ihr. Es handelte sich oft um Ehefragen oder um die Kindererziehung. So konnte sie mancher Frau helfen.
Frau Anna Weinert ging auch nach Dundee ins Gefängnis und kϋmmerte sich um die Strafgefangenen und deren Angehörigen.
Die gröβten Ereignisse sind die Taufen. So wurde einmal ein Hindu von 29 Jahren mit seiner 23 jährigen Frau und 5 Kindern im Alter von 6 Monaten bis zu 9 Jahren getauft. Die Taufe fand in einer Hinduschule statt. Dort sind auch die heidnischen Inder immer zu ihren religiösen Zusammenkϋnften, Hochzeiten und sonstigen Zeremonien. So blieben sogar manchmal heidnische Inder zu diesen Taufhandlungen da. Herr Missionar Weinert erklärte allen, warum ϋberhaupt getauft wird und warum nicht der ganze Körper unter das Wasser getaucht wird und weshalb auch die Kinder getauft werden. Als die Kinder an der Reihe waren, zu sagen, was sich fϋr ein Christenleben schickt, sagte der 6 jährige Junge die 10 Gebote ohne Erklärungen ohne zu stolpern auf, darauf die 5 jährige kleine Schwester, und dann die 3 jährige, letztere auf einem Stuhl stehend, die das Vaterunser sprach. Man stelle sich diese Kleine vor, die Arme verschränkt, die Augen zugekniffen und mit ganzem Ernst bei der Sache. Selbst den Bläsern wurden die Augen feucht. Die groβe 9 jährige, weniger begabte Tochter, gab ebenfalls ihre Antwort ohne Furcht und Stocken. Es herrschte groβe Stille, als die Taufe der 7 köpfigen Familie vollzogen wurde. Die Taufnamen der Kinder hat sich der Vater aus der Bibel selbst ausgesucht: Elisabeth, Lea, Rahel, Naemi und der Junge Nathan. Die Eltern hatten den Missionar gebeten, ihnen die Taufnamen auszusuchen; sie wurden Matthäus und Martha genannt. Es war eine sehr schöne Feier, so beschreibt es Frau Weinert selbst in einem Missionsblatt.
Es kam auch vor, dass Frau Weinert beim Essenkochen eine Inderin bei sich hatte und ihr mit Rat und Tat zur Seite stand. Sie aβ dann auch mit der Familie mit. Sie hatte zwei Jungen, mit denen sie nicht fertig wurde. Ihr Mann machte ihr Vorwϋrfe und wollte sie verlassen. Aber die Frau blieb bei ihrem Mann und erduldete die Vorwϋrfe. Dieser Frau hat Frau Weinert ganz besonders geholfen. Die Frau sah auch an dem Beispiel im Hause Weinert, wie die Kinder der Mutter halfen; wie sie mit aufräumten und abwuschen und wie sie wieder zur Schule gingen. Das sah die Inderin und es gab ihr Mut, auch von den Jungen Hilfe zu fordern. Danach bekam diese Inderin noch 2 Jungen und 1 Mädchen. Dort (im Hause Weinert) wurden oft Gottesdienste gehalten.
Als Frau Weinert am 27. April 1965 ganz plötzlich und unerwartet heimging, kam gerade diese junge Inderfrau und versorgte die trauernde Familie. 5 Monate später konnte diese Familie getauft werden, und das jϋngste Kind, ein Mädchen, bekam den Namen von Frau Missionar Weinert “Anne.” Ist das nicht ein wunderschöner Dank ϋber das Grab hinaus?