Missionarische Perspektive: Beerdigungen Pastor K-E. Damaske
Gottes Geist wirkt wie und wann ER will – ist m.E. nach eine typische lutherische Perspektive – nicht um Gleichgültigkeit zu fördern oder zynisch die Achseln zu zucken im Sinne von: ach, was soll ich denn da tun; Gott wird sich schon selbst kümmern, wie und wann ER was will. Nein, sondern um gerade jede Möglichkeit zu suchen, den Raum zu schaffen, worin eine Gottesbegegnung stattfinden kann. Lüneburg ist so ein Ort der Gotteserfahrung – só, jedenfalls nach meiner bescheidenen Beobachtung.
Zu den letzten paar Bestattungen sind zusammen gewiss tausende Menschen von weltweit angereist – zu diesem „verlassenen“ Örtchen zwischen den sieben Bergen bei den sieben Zwergen (um einen Hinweis auf die märchenhaft schöne Landschaft zu geben). Klar, sie wollen Abschied nehmen von einer geliebten Person, einem Familienmitglied oder einer(m) Freund(in), aber sie haben durch unsere Art und Weise keine Wahl, mitzumachen, um mit Gottes Wort und Ritual, mit Musik und Bewirtung bedient zu werden. Sie treffen nicht nur Mittrauernde und Altbekannte, sondern auch Unbekannte und ganz besonders eine Gemeinde, die mit Herzen, Mund und Händen dient. In ihrem Gedächtnis wird ein Ort tief eingeprägt, ein (Friedhofs)Ort der Erinnerung – dort, wo die zur-Ruhe-gelegte Person zuletzt verabschiedet wurde. Sie werden diesen Ort, Lüneburg, nie wieder vergessen.
Wer sind „die Menschen“ auf die ich eben hinwies? Von der langen Liste, die man zusammenstellen könnte sind es, abgesehen von Gemeindegliedern, doch besonders Altschüler der Lüneburger Schule und Familie – unter denen so manche, die von Kirche und Glauben entfremdet sind.
Davon leite ich ab: Die (Gemeinde)Schule, wie wir wiederholt sagen, ist ein Juwel in der Krone der Gesellschaft wo Menschen langfristig fürs Leben vorbereitet werden. Aber ich empfinde auch, dass Beerdigungen kraftvolle Impulse in die Gemeinschaft geben – zugegeben jeweils punktuell einmalig, aber die Art dieses Punktes ist: geographisch (Lüneburger Friedhof und Kirche), sozial (lutherische Gemeinde), psychologisch (Erinnerung usw.) und besonders geistlich (Wort und Ritual). Das só ein Punkt gemacht werden kann, bedarf es einen großen Aufwand; ich als Pastor, stehe ja nur an der Front von dem ganzen Heer von Mitarbeitern.
Das Heer wird für Beerdigungen besonders darum mobilisiert, dass Gottes Wort leuchten kann für die Betroffenen – die ja allesamt danach wieder in alle Welt zurückreisen… und von den Dingen berichten, die sie gesehen und gehört haben. Sie sollen nach einer Beerdigung nicht sagen: „Naja, das haben wir dann mal hinter uns gebracht, unsere Pflicht getan“. Sondern: „Das war ein Erlebnis, eine Gottesbegegnung durch Wort und Musik, Gemeinschaft und Dienstbarkeit.“ Ob die segensreiche Gegenwart Gottes tatsächlich geschieht, überlassen wir Gott; wir jedenfalls bemühen uns darum, den Raum dieser Möglichkeit auf menschlicher Ebene zu schaffen: damit Gottes Geist wirkt wie und wann ER will.
Allen Mitarbeitern möchte ich Mut machen, diese missionarische Dimension nicht zu übersehen in allen kleinen und großen Aufgaben, die mit so einem Ereignis zusammenhängen. Die Gemeindefrauen, den Musikanten, der Jugend, dem Glöckner, Gärtner und dem Friedhofskomitee möchte ich danken und motivieren, diesen Dienst weiterhin mit Freuden und Opferbereitschaft zu tun. Auch denjenigen, die die Grabstätten und den Garten pflegen seien gedankt.
Vielleicht darf ich zwei Wünsche meinerseits dazu hinzufügen: (1) dass diese beispielhafte Teamarbeit sich auf noch mehr Bereiche des Gemeindelebens übertragen kann – wie z.B. Seelsorge. (2) Und dass das Planungskomitee nochmal eingespannt werden könnte, den Friedhof só zu gestalten, dass er eine noch größere Ausstrahlungskraft bekommt – z.B. den Eingang freundlich neu zu planen und zu bauen, vielleicht mit einer Botschaft versehen (Ideen und Vorbilder gibt es genug auch im Internet), Ruhebänke für diejenigen, die später wieder die Gräber besuchen. Ich weiß, das Planungskomitee ist schon überbelastet; vielleicht ein anderes Komitee. Und sowas kostet wieder Geld und allerlei Kabbeleien in Gemeindeversammlungen usw. aber trägt doch mit zur missionarischen
Ausstrahlungskraft bei, nicht wahr?
Wir wünschen uns noch viele Ereignisse, wo wir Menschen aus aller Welt willkommen heißen können, wie es heißt in Psalm 84:12 Denn ein Tag in deinen Vorhöfen ist besser denn sonst tausend; ich will lieber der Tür hüten in meines Gottes Hause denn wohnen in der Gottlosen Hütten.
Und wer weiß, wo man mich einmal hinträgt, aber dieser Gottesacker und diese Glaubensgemeinschaft soll leuchten, denn wir haben eine Hoffnung, die weit über die Grenze des Lebens hinaus strahlt.
Pastor K-E. Damaske