Militärzeit – erzählt von Heinz Hambrock

Den 1. Februar 1969 fing meine „Army-Zeit“ an. Ich wurde nach Ladysmith aufgerufen und habe mein „Basic“ in 5SA1 5de Suid Afrikaanse Infantrie Bataljon in Ladysmith abgeleistet. Ganz brav ging ich durch die große Eingangspforte mit meinem Rucksack über der Schulter und einer Texan Zigarette in dem Mund, und dann fing das Donnerwetter doch an. „Hey troep wat stap jy op my grond soos ʼn slapgat hippie met ʼn sigaret in jou bek, dink jy jy is Andy Cap, hardloop jou bliksem!” Ich wusste nicht wohin ich laufen sollte, wollte nur von dieser schrecklichen Stimme weg, bald sah ich schon eine lange Schlange von Jungen stehen vor einem großen Gebäude. Ich stellte mich dann auch hinten in die Reihe. Schon brüllte die Nächste: „Hey troep, wie het gesê jy mag in die ry inval? Op die grond, dertig „push-ups“, hier vra jy as jy iets wil doen!“ Ganz außer Puste stand ich nach den „push-ups“ auf und stellte mich wieder in die Reihe. Da stellte dieses brüllende Gespenst sich vor mich mit seinem Gesicht ein paar Millimetern von meinem und das Brüllen ging weiter. Ich hatte ja schon wieder nicht gebeten ob ich in der Reihe stehen dürfe. Es flitzte durch meine Gedanken „the holiday is over“, die Army hat angefangen und alle Geschichten die man so gehört hatte über wie es anfängt waren scheinbar wahr. Dieses Gespenst hat mich dann aus den Augen verloren, weil da wieder eine andere Gruppe von Jungen angewalzt kam und einer von ihnen ganz freundlich grüßte „Howzit Sergeant, lekker by die see“ und dann noch einen schönen Knix und Diener machte. Das kann ich sagen da war der Teufel los. So etwas von Fluchen und Schimpfen habe ich noch nie gehört: „Jou donner, jou ma moes jou doodgelê het!“ und noch viel schlimmer. In den nächsten paar Wochen habe ich mich an diese Sprechart gewöhnt. „Dieses war das wovor Pastor Scharlach uns in der Kinderlehre gewarnt hatte,“ dachte ich.

In den nächsten drei Wochen mussten wir alles im Laufen tun, wir durften gar nicht gehen. Zum Essen, auf Parade wurde alles im Laufen getan. Wir mussten unser Zeug womit wir gekommen waren einhändigen, weil wir es für einige Zeit nicht nötig haben würden. Wir bekamen dann unser neues Wehrmachtzeug. Dann zeigte man uns wie dieses im Schrank zu packen, ganz genau aufeinander, die Strümpfe, Taschentücher, Unterhosen, Hemden, Schlafhose usw. also wir hatten alles was nötig war… Ein paar Turnschuhe und zwei paar „Boots“. Man zeigte uns wie ein Bett zu machen sei, viereckig, der Rand musste gebügelt werden. Wir haben für drei Wochen unter dem Bett geschlafen, weil es viel zuviel Mühe war und zu lange gedauert hat es frisch zu machen. Zu irgendeiner Zeit in der Nacht wurden wir wachgebrüllt und mussten „Inspection“ stehen. Wenn etwas verkehrt gefunden wurde, mussten wir alle „Pushups“ machen. Man schlief durchschnittlich 4 Stunden pro Nacht. Sie machten uns also fertig, mit allem was sie konnten. Viele hielten es nur für 10 Tage aus, dann mussten sie zum „Sickbay“. Der „Sickbay“ wurde so voll, dass sie da auch unter den Betten und in den Gängen gelegen haben. Es wurde uns klar gestellt das 6% der Mannschaften sterben darf während der „Basic“ Zeit. Das damalige Gesetz erlaubte es angeblich.. Für uns nicht ein schöner Gedanke.

Ich schaffte es durch die ersten drei Wochen, dann folgten wieder drei Wochen wo wir alles vom R1 Gewehr lernten und wir mussten fast jeden Tag schießen. Dieses Gewehr konnte ich mit Augen zugebunden, in weniger als eine Minute ganz auseinander holen und wieder zusammen bauen. Nach 6 Wochen mussten wir ein Examen ablegen, von allem was wir gelernt hatten und Rudi Hillermann von Kirchdorf und ich waren unter den ersten 10 mit unsren Punkten. Wir konnten dann wählen um einen weiteren Kursus als „Instructor“ zu absolvieren. Rudi und ich schrieben sofort ein, weil es uns klar war, es würde für uns etwas leichter werden, obwohl wir mehr Verantwortung bekamen. Nach dem Kursus blieben wir in Ladysmith und wir mussten helfen die neue „Einnahme“ (junge Rekruten) auszubilden. Unsere Kameraden waren alle fort nach Walvisbay. Viele habe ich nie wieder gesehen. Ich bekam auch Ausbildung mit dem „Mortier“ Geschoss umzugehen. Sie wirft Bomben, ist aber nicht auf Rädern, sondern wird auseinander gebaut und von vier Mann getragen und wird eine Unterstützungswaffe genannt. Sie kann von 500 Metern bis auf 7 km weit schießen. Meinen „Army“-Führerschein habe ich auch bekommen und durfte alles was Räder hatte, fahren.
Als die neuen Truppen ankamen, waren wir sehr beschäftigt und die Zeit flog vorbei. Wir bekamen unsere Korporalstriche. Dieses hat geholfen unser kleines Gehalt etwas aufzubessern.

Wir hatten jetzt jeder sein eignes Zimmer und wir haben sogar ein eignes Esszimmer bekommen. Nach dem ersten Jahr in Ladysmith, hatte ich für 3 Jahre Ruhe, aber dann fingen die drei Wochen „Camps“ an, zu denen ich vier Mal aufgerufen wurde. Zusätzlich musste ich noch zweimal ganze drei Monate Camps ableisten. Die drei Monate „camps“ waren nicht schön. Da waren wir in Südwest an der Grenze stationiert. Unser Leiter bei einem von diesen „Camps“ war Kommandant Alex Gevers. Wir sind rauf nach Ondangwa und von da nach Oshakati. Unser Camp war so 5 Km vom Dorf entfernt. Zuerst bekamen wir für drei Wochen wieder intensive Ausbildung und dann schickten sie uns in kleine Gruppen zur Grenze. Während dieser Ausbildung zeigten sie uns Filme in den weiße Frauen von Schwarzen vergewaltigt wurden, junge Mädchen die von 4 bis 5 Schwarzen angefallen wurden. Dieses anzusehen hat viele fast verrückt gemacht, aber dieses wurde absichtlich so dargestellt, als wäre es der Terrorist den wir töten mussten. Sie haben uns diese so eingeprägt um den Hass in uns aufzubauen, damit man nicht zögerte sie umzubringen sobald wir einen sahen. Ich sagte oft zu meiner Gruppe sie müssten dieses nur als Taktik sehen und es würde sicherlich nie mit einem von ihren Lieben passieren. Wenig habe ich gewusst, dass dreißig Jahre später soetwas meiner Mutter passieren würde. Kein Terrorist, aber es hat einem trotzdem sehr viel zu schaffen gegeben und ich habe zurück gedacht an die Zeit an der Grenze. Die Grenze war 1 Kilometer breit und wir mussten diese patrollieren. Alles was sich dort bewegte durften wir schießen, Ziegen, Vieh und auch Menschen. Wir blieben für drei Tage und Nächte an der Niemandszone und kamen dann für fünf Tage in den „Camp“ zurück, uns zu erholen.

Viele Tage passierte da nicht viel und man ging für Kilometer umher, dann auf einmal ging es los. Es wurde schon ganz dunkel und die Sterne waren schon zu sehen. Wir lagen in einer Reihe so 10 bis 15 Meter auseinander, dreizehn von uns warteten, dass der Mond aufkommen sollte. Am Tage hatten wir viele Spuren an diesem Ort gesehen die über die Grenze hin und her gingen. Man sah im Dunklen Figuren sich vorbei bewegen und dann fiel der erste Schuss. Die Angst die man in diesem Augenblick erlebte ist nicht zu beschreiben, aber dann kam alles was sie einem eingedrillt hatten zum Bewusstsein und man reagierte und gab Befehle als ob man dieses jeden Tag täte Es war schrecklich laut um einen bis man keine Blitze mehr von vorne kommen sah. Es hatte aufgehört und man erschrak sich vor der plötzlichen Stille. Dann reagierte man wieder, waren alle Mannschaften noch da, schnell hielt man „roll-call“. Alle meldeten sich, welch eine Erleichterung. Was sich wie Stunden angefühlt hatte, war im Nu vorbei. Ȕbers Radio meldete man an den „Base Camp“ und eine Stunde später hatte man Verstärkung. Die Figuren die man gesehen hatte sahen nicht gut aus (Schusswunden). Es waren auch nicht alle Swapo Terroristen. So geht es leider in irgend einem Krieg. In einem von diesen Anfällen verlor ich einen guten Freund.

Ein anderes Mal war das Los auf uns gefallen, auf einen Flüchtlings Camp aufzupassen. Ȕber 800 Männer, Frauen und Kinder. Alle waren mager und ausgehungert, nur noch Haut und Knochen. Diese kamen alle von Angola. Von der Army haben sie Mehl bekommen und wir mussten Ziegen oder Vieh die auf der 1 Kilometerzone gefunden wurden, schießen. Dieses wurde dann abgeschlachtet und gekocht. Sie hatten dann Fleisch und Putu.
Meine Armyzeit hätte ich nie verpassen mögen, vieles hätte man lieber vergessen mögen, aber wenn ich die Wahl hätte würde ich sie wieder ableisten.