Maria und Marta Dedekind

Maria und Marta Dedekind (geb. Küsel) Dieser Artikel erschienen im Afrika-Kurier, Juni 1954 passt zu unserem Jubiläumsjahr.

Lang, lang ist’s her, dass die beiden Schwestern, Frau Maria Dedekind und Frau Marta Dedekind, als junge Frauen in die einsame deutsche Siedlung nach Elandskraal kamen. Heute sind sie beide über 80 Jahre alt und verbringen ihren Lebensabend bei ihren Kindern und Grosskindern. Beide Schwestern wuchsen in der Nähe von Lüneburg in Natal auf, wohin ihr Vater als einer der ersten Kolonisten kam, die von Louis Harms, dem bekannten Missionar aus der Lüneburger Heide, ins Land gerufen wurden.

Die jüngeren Kinder erhielten Schulunterricht bei dem alten Lehrer STUMPF in Ekhombela, die älteren mussten täglich eine Stunde bis nach Lüneburg zur deutschen Schule laufen, die damals von Pastor GEVERS geleitet, wurde. Als im Jahre 1879 der Zulu-Krieg ausbrach, waren die Eltern gezwungen, mit den Kindern ihr Haus zu verlassen und sich in das Lager zu begeben, das bei Lüneburg zum Schutze der deutschen Siedler errichtet worden war.

Noch heute erinnert ein breiter Graben an die Stelle, an der sich damals das Lager befand. Rings herum war das Lager von einer dicken Steinmauer umgeben, in der sich ein breites Eingangstor befand. Auf die Mauer waren Glasscherben gelegt, zur Abwehr gegen eindringende Feinde. Innerhalb dieses Lagers wohnte jede Farmersfamilie in einem kleinen Bretterhäuschen. Es mögen etwa 120 Personen dort Schutz gefunden haben.

Die beiden Schwestern erinnern sich noch daran, wie sie als Kinder während des Tages außerhalb des Lagers vor der Steinmauer spielten. Während der Nacht wurde das Tor verschlossen und bewacht. Eines Nachts glaubte einer der wachthabenden Männer durch ein Loch in der Mauer draußen etwas Schwarzes zu bemerken, das sich vorsichtig auf das Lager hin zu bewegte. Der gute Mann vermutete einen heranschleichenden Zulu und schoss sogleich auf ihn.

Dieser Schuss versetzte das ganze Lager in Aufregung und Schrecken, alls war in höchster Alarmbereitschaft. Die ganze Nacht hindurch harrte jung und alt des Angriffes von außen her. Doch zur allgemeinen Verwunderung geschah nichts! In der Morgenfrühe des nächsten Tages wagte man sich vorsichtig aus dem Lager ins Freie. Da ergab es sich, dass der gute Mann im Übereifer eine schwarze Kuh totgeschossen hatte, die er im Dunkel der Nacht für einen Zulu gehalten hatte! Doch eines Tages wurde es bitterer Ernst mit dem Kriege. Von den benachbarten Hügeln schwärmte es schwarz heran.

Die Zulus näherten sich zu Hunderten, um das Lager zu erstürmen. Todesangst verbreitete sich unter den Eingeschlossenen. Keiner glaubte mehr an ein Entkommen. Näher und näher kam das wilde Kriegsgeschrei der Zulus. Dann Stille. Vor dem Lager wurde Kriegsrat gehalten, wie es bei den Schwarzen so üblich ist. Dabei wurden sich die Häuptlinge nicht ganz einig.

Die eine Hälfte wollte das Lager sofort angreifen; die andere hielt es für ratsamer, zum Berge Hlangawulu zu ziehen, wohin sich die deutschen Männer begeben hatten, um Müller Prigge bei der Ernte zu helfen. Nach stundenlangem Palaver, während Frauen und Kinder hinter der Mauer um ihr Leben bangten, zogen die Zulus ab. Wie durch ein Wunder wurden die Lagerinsassen gerettet!

Nach neun langen Monaten kehrten die deutschen Siedler wieder in ihre Wohnungen zurück. Zwei Drittel der Häuser waren verwüstet. Um das Jahr 1890 heirateten beide Schwestern kurz nacheinander zwei Söhne des Missionars Wilhelm Dedekind und zogen als glückliche Bräute auf ihren Ochsenwagen von Lüneburg hinab nach Elandskraal. „Wer auf Gott vertraut, hat wohl gebaut“.