Also ich wäre schon froh, wenn Paulus sagen würde: Freut euch beim Braaivleis! Oder bei einer Hochzeit! Aber „allewege“?
Das ist schon eine Zumutung. Ich stelle bei mir fest: Ich bin gerne auch mal knurrig, oder einfach apathisch. Besonders wenn das Leben mir immer wieder die Tür ins Gesicht schlägt – knallharte Rechnungen, abwertende Kritik, schlechtes Wetter, Streitigkeiten, Krankheiten …
Und Paulus schreibt aus dem Gefängnis? Wie schafft er das?
Das Geheimnis liegt bei zwei Punkten: der Christushymnus, Philipper 2: Christus ist schon den Weg des Leidens vorausgegangen; ich erkenne IHN in meinem Leiden. Und wenn ich IHN erkenne, dann ist es gut. Und zweitens: in der Gemeinschaft der Gläubigen. Paulus weiß sich verbunden mit Glaubensgeschwistern in Ephesus, in Philippi, ja in der ganzen damaligen Welt. Sie alle beten für ihn, und einige bringen ihm auch Proviant zum Gefängnis. So kann er erfahren, wie es den anderen geht.
Und er hört: das Evangelium breitet sich aus. Er selbst kann nichts tun, aber wie ein Feldbrand läuft das Evangelium. Und die Christen „da draußen“ haben’s auch nicht leicht – viele werden ebenfalls festgenommen, benachteiligt und beleidigt. Aber Paulus weiß: wo sie standhaft mit Christus verbunden bleiben, werden auch sie Christi Herrlichkeit mehr und mehr erkennen. Diese Glaubensgemeinschaft und Leidensgemeinschaft bricht hier hervor wie eine Quelle frischen Wassers in der Wüste.
Meine Gedanken wandern in die heutige Zeit – irgendwie sitzen alle im Lockdown fest. Mich überfällt das Gefühl: man kommt nicht voran. Mit totalem Präsensgottesdienstverbot werden wir in unsichtbaren Fesseln festgelegt; keine Versammlungen, keine Kreistreffen, keine Gemeinschaft, oder? Doch! Das Evangelium läuft jetzt auf anderen Wegen in die Welt – das muss ich Gott einfach überlassen.
Und dazu gibt Paulus guten Rat: zeigt eure Sanftmut. Das Gegenteil wäre: Ärger, Empörung oder resignieren, einfach aufgeben. Nein: Mut, Tapferkeit aber ohne Gewalt, sondern freundlich bleiben.
Eure Erregung bringt zu Gott im Gebet, aber wenn ihr Christus durch euer Leben demonstriert, dann mit Güte. Es kommt schon der Tag der Abrechnung – der Herr ist nahe. Überlasse das Urteilen und Verurteilen Gott.
Das Eigentliche geschieht im Verborgenen, im Gebet, im Gespräch mit Gott: Bitten und Flehen vor Gott aussprechen. Also auch meine Frust, und die Fehler anderer Menschen und natürlich meinen eigenen Widersinn vor Gott nennen – ER will sie hören. Und dann? Wird sich was ändern?
Ganz gewiss JA. Ich ändere mich in der Gegenwart meines Herrn. Ob die Umstände sich ändern werden, überlasse ich Gott. Ist es nicht auch, wie wenn ich mein Auto zur Reparatur nehme – dann stehe ich doch auch nicht neben dem Schlosser und warte, bis er an die Arbeit springt und
kontrolliere, ob er alles richtig macht. Nein, ich gebe mein Auto ab, und irgendwann hole ich es wieder repariert ab, und sage: danke! Überlassen wir es Gott, wie ER die Welt repariert. Aber mich ruft ER zur Dankbarkeit – in allen Dingen.
Selbstverständlich heißt das nicht, die Hände in den Schoß legen und auf gute Tage warten, sondern ich tue, was ich tun kann: In Gedanken, Worten und Werken lasse ich etwas von der Gegenwart Jesu leuchten: seid freundlich zu einander, vergebt einander, steht einander bei, ermahnt einander und begleitet einander in der Glaubens- und Leidensgemeinschaft in Christus.