„Es ist vollbracht“. Um die Herrlichkeit Gottes geht es. Es ist kein Zufall, sondern es kann gar nicht anders sein, dass Johannes nichts von der plötzliches Finsternis berichtet, die sich nach Matthäus, Markus und Lukas in Jesu Todesstunde überall ausgebreitet hat.
Im Tode Jesu kommt Gottes Herrlichkeit zum Durchbruch. Das Licht siegt über die Finsternis. Kein Platz mehr für Dunkelheiten. Für Martin Luther war der Karfreitag der höchste Feiertag, aber nicht, weil er für ihn mit den Schrecken eines sinnlosen Kreuzestodes verbunden war, sondern vielmehr mit dem Sieg Gottes über den Tod. Den gilt es an diesem Tag zu verkündigen. Martin Luther konnte vom „lieben Karfreitag“ sprechen: Endlich sind die Schrecken des Todes ein für allemal überwunden.
Und Martin Luther liebte das Johannes-Evangelium: „Das einge zarte rechte Hauptevangelium, den anderen dreien, weit, weit vorzuziehen und höher zu heben.“ (WA DB 6,11). Kein Sich-Weiden an den Grausamkeiten, zu denen Menschen fähig sind, sondern Erkennen, was denn da auf Golgatha geschehen ist. Sehen, dass hier Gottes Liebe den Sieg erringt, dass Jesus vollbringt, wozu er Mensch geworden ist. So haben die ersten Christen Jesu Tod am Kreuz gedeutet. Was bedeutet das Kreuz für uns? Eine Projektionsfläche für eine Gottesvorstellung?
Ein Stück Kunst, das irgendwie eben auch dazu gehört, aber über dessen Bedeutung man nicht mehr nachdenkt? Ein Schandfleck, den man am liebsten entfernen möchte? Nicht weniger wollen das Kreuz am liebsten zur Seite schieben. Der liebe Gott, das Vorbild des Gutmenschen Jesus, das reicht doch. „Es ist vollbracht“ – wieso braucht es dazu ein Kreuz, ein Opfer Jesu? Wir vollbringen doch alles selbst, warum da auf einen Verlierer, einen Gescheiterten schauen, den brauchen wir nicht. Johannes, der Evangelist, dachte anders. Für ihn brauchte es das Kreuz.
Nur weil Jesus sich treu blieb in seiner Gotteskindschaft – bis ans Kreuz! – hat sich die frohe Botschaft erfüllt. Wir Menschen können uns nicht selbst erlösen, dazu sind wir zu sehr in das Unrecht verstrickt. Aber Jesus hat uns erlöst. Sein Licht hat längst die Dunkelheit verdrängt. Er hat alles vollbracht. Das Kreuz ist Ausdruck der Herrlichkeit Gottes. Es gibt Kraft und Mut – und Trost. Vor ein paar Tagen durfte ich das selbst erleben. Während einer Beerdigungsfeier gab ich nach meiner Ansprache das Wort an einen guten Freund des Verstorbenen weiter.
Sie verband die Mitgliedschaft im Paderborner „Erfinderclub“, ich wusste nicht, was das war, und ich wusste nicht, was dieser Mann sagen wollte. Er nahm Bezug auf die Besonderheit dieser Woche. Er sprach vom Kreuz und seiner eigenen christlichen Überzeugung. „Das Kreuz ist leer“, sagte er, „der, der da hing ist nicht für immer tot geblieben, sondern hat den Tod besiegt“. Am Sterbebett habe er mit seinem Freund darüber gesprochen und er hätte dies annehmen können. Und jetzt, bei der Trauerfeier, sei das noch einmal ein großer Trost. Die Menschen haben mit offenen Ohren und Augen an seinen Lippen gehangen.
Diese authentischen Worte waren sehr eindrücklich. Das Kreuz – besonders das leere Kreuz – als größter Trost im Leben und im Sterben und über den Tod hinaus: Ist das nicht die Botschaft des Karfreitags, so wie sie vom Evangelisten Johannes und vom Reformator Martin Luther verstanden wurde? Ein Teil aus der Predigt von Pfarrer Detlev Schuchardt